Waldhof-Havarie: Grüne diskutieren Gefahrguttransporte und WSV-Reform

Waldhof-Havarie: Grüne diskutieren Gefahrguttransporte und WSV-Reform

Ökologische Verwerfungen in der Verkehrspolitik, riskantes Verhalten an Bord: Wie sich die Auswirkungen knapper Kassen auf Betriebssicherheit und Zukunft der Binnenschifffahrt begrenzen lassen, stellte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ulrike Höfken am 12. Februar in St. Goar zur Diskussion.

Für den Binnengewässerkundler Nikolaus Geiler hatten der Rhein, seine Anwohner und Bewohner mit der WALDHOF-Havarie noch einmal Glück im Unglück. „Bei Schwefelsäure müssen wir nichts überdramatisieren. Eine Schiffsladung Epichlorhydrin dagegen hätte die Trinkwasserversorgung für 20 Millionen Menschen sowie die Gewässerökologie hochgradig gefährdet“, erklärte Geiler, nachdem die rund zwei Dutzend Teilnehmer eine Schweigeminute für die beiden verunglückten Besatzungsmitglieder eingelegt hatten.

Gefährdungspotenzial verringern

Trotz der Erkenntnis, dass es um die Loreley alle paar Tage zu kleineren Havarien kommt, bestätigte der fünfköpfige Vorsitz der Veranstaltung, die Binnenschifffahrt als vergleichsweise sicheres und ökologisches Verkehrsmittel. Neben Höfken und Geiler waren das die Grünen-Landesvorsitzende in Rheinland-Pfalz Eveline Lemke, Grünen-Bundestagsabgeordneter Anton Hofreiter und Mario Pott aus dem Landesvorstand des Verkehrsclub Deutschland. „Wir haben die Havarieabwicklung gemeinsam mit Greenpeace und BUND kritisch begleitet und sind mit der Arbeit der Einsatzkräfte insgesamt zufrieden“, verkündete Lemke. Verbesserungswürdig sei vor allem die Kommunikation gewesen. „Nun fragen wir uns, was zur Verbesserung von Verkehrssicherheit, Gewässer- und Katastrophenschutz getan werden muss.“

An handfesten Ideen hinsichtlich der Schifffahrt mangelte es nicht. Verstärkte Kontrollen von Fahrzeit und Alkoholkonsum im Allgemeinen, sowie Lotsenpflicht, Nachtfahrverbot oder eine angepasste Hochwassersperre für Gefahrguttransporter im Speziellen brachten die Anwesenden ins Spiel. Verschärfte Vorschriften hinsichtlich der Umwelt- und Witterungsbedingungen gelten ja schließlich auch für Gefahrgut-Transporter im Straßenverkehr. Auch der Ruf nach einer dem Havariekommando ähnlichen Behörde für die Binnenschifffahrt wurde laut. Den ökologischen und verkehrstechnischen Idealfall beschrieben Lemke und Pott selbstredend anhand einer „grüneren“ Industrie, die mit lokaler Produktion weitgehend auf Gefahrguttransporte verzichten kann.

Der Faktor Mensch und die WSV-Reform

Während wirtschaftlicher Druck die Industrie zu arbeitsteiliger Produktion antreibt, verursache er in der ohnehin schwer gebeutelten Tankschifffahrt laut Geiler einen Trend, der allen technischen Verbesserungen und den über die Jahre deutlich zurückgegangenen Unfallzahlen entgegen wirkt: „Ein ruinöser Wettbewerb verdrängt die notwendige Sorgfalt. “ Dass zwei Drittel aller zwischen 1982 und 1997 aufgezeichneten Havarien in der Binnenschifffahrt auf menschliches Versagen zurückzuführen waren, stützt die These der wachsenden Gefährdung durch wirtschaftlichen Druck.

Waldhof-Havarie: Grüne diskutieren Gefahrguttransporte und WSV-Reform

 

„Ein knapper Haushalt verursacht zwangsläufig ökologische Verwerfungen“, folgerte Hofreiter in Bezug auf die geplante WSV-Reform. Denn auch wenn die Grünen prinzipiell mehr Güter auf dem flussangepassten und sicherheitsoptimierten Schiff sehen wollen, müsse man sich doch nach den vorhandenen Mitteln richten. „Eine Verteilung entsprechend dem regionalen Verkehrsaufkommen muss sowohl für die Infrastruktur, als auch für die Verwaltung angewandt werden.“ In der WSV gelte es, die Zwischenebene der Direktionen abzuschaffen und technische Standards zu vereinheitlichen. Die Ansicht Hofreiters, das Wasserstraßen-Netz müsse nur gepflegt und ausgebaut werden, wo hinreichend Tonnage befördert werde, kritisierte Martin van Dijk von der Koninklijke Schuttevaer: „Wenn die kleinen Wasserwege in Deutschland abgeschnitten werden, leidet der Verlagerungsgedanke insgesamt.“ In den Niederlanden fertige man derzeit eine Studie über die Zukunftsfähigkeit kleinerer Schiffe bis 1.500 Tonnen an, um auch kleine Wasserwege volkswirtschaftlich sinnvoll nutzen zu können.

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