Mit verschärften Auflagen hat das Land Niederösterreich am 1. Dezember einen lange umstrittenen Naturversuch genehmigt: Auf drei Donaukilometern zwischen Wien und Bratislava soll ein Austrocknen der anliegenden Auwälder verhindert und gleichzeitig die Niedrigwasser-Schiffbarkeit verbessert werden. Doch nicht überall stößt das Vorhaben zur Erprobung von neuen Wasserbau-Methoden auf Begeisterung.
Flussbauprojekte stehen für gewöhnlich nicht auf der Prioritätenliste von Naturschutzorganisationen. Im Fall des „Naturversuches Bad Deutsch-Altenburg“ ist das anders. „Wir sind sehr froh, dass der Versuch nun starten kann, denn wir haben keine Zeit mehr zu verlieren“, erklärte Andreas Wurzer, stellvertretender Geschäftsführer des WWF Österreich.
Diese Position teilen sowohl die Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft via donau, die Verwaltung des Nationalparks Donau-Auen, die Landes-SPÖ, aber auch Organisationen wie Birdlife, der Naturschutzbund Niederösterreich oder der Fischereiverband, berichtet die studentische Organisation EinFlussDonau, die sich ebenfalls zu den Projektbefürwortern zählt.
Parallelstrecken für Jungfische
Jährlich gräbt sich die Donau im Bereich des Nationalparks Donauauen mehrere Zentimeter ein. Der Grundwasserspiegel sinkt, Altarme verlanden, den umliegenden Auwäldern droht das Austrocknen. Der Grund: Klassische Buhnen verbessern die Schiffbarkeit bei Niedrigwasser, jedoch trägt die schnellere Strömung mehr von dem feinkörnigen Untergrund mit sich. Das Problem soll nun mit Hilfe Granulometrischer Sohlverbesserung (GSV) angegangen werden. Ein Verfahren, das auf dem Versuchsabschnitt die Zugabe von etwa 100.000 Kubikmeter Grobkies erfordert, um die Geschiebetransportkapazität des Wassers stark zu reduzieren.
Neben Stromsohlenanpassungen, Uferrückbau, -absenkung und -renaturierung sowie einem Altarm-Anschluss sollen neuartige Buhnenformen erprobt werden: Abgesenkte Buhnenwurzeln sollen Jungfischen selbst bei Niedrigwasser den ungehinderten Wechsel zwischen den Flachwasserbereichen entlang des Ufers ermöglichen und Anlandungen im Buhnenfeld reduzieren. Deklinante (flussabwärts ausgerichtet) und sichelförmige Bauweisen soll die Entstehung von Kopfkolken reduzieren und den Niedrigwasserpegel für die Schifffahrt genau so gut halten wie bisherige Bauwerke. Ein genauer Maßnahmenkatalog ist bei via donau zu finden.
Umweltverbände unterschiedlicher Auffassung
Seine Zustimmung zu dem mindestens 14 Millionen Euro teuren Projekt hat der WWF an Projektverbesserungen und Bedingungen gekoppelt, die aus Sicht der Organisation nun größtenteils berücksichtigt wurden. „Das wichtigste Signal für uns ist die Zusicherung, dass der Naturversuch tatsächlich ein Versuch bleibt, und nicht der erste Bauabschnitt des flussbaulichen Gesamtprojekts ist“, so Wurzer.
Wichtig ist dem WWF auch, dass die Eingriffe so klein wie möglich ausfallen und reversibel sind, wenn sich negative Auswirkungen zeigen. Aus diesen Gründen will der WWF das Projekt weiterhin kritisch begleiten. Um das sicherzustellen, hat der Verband ein Memorandum of Understanding zwischen Verkehrsministerium, Umweltverbänden und Wissenschaft vorgeschlagen, das eine breite Beteiligung und größtmögliche Transparenz garantiert.
Doch nicht alle Umweltverbände zeigen sich derart kooperationsbereit. „Der Versuch soll mit massiven Eingriffen den Weg für einen donauweiten Ausbau der Wasserstraße legen“, widersprach Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes. Gemeinsam mit der Umweltorganisation VIRUS sieht man das europäische Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVP) umgangen und betrachten die Methoden als nicht hinreichend geprüft. Deshalb hat der Umweltdachverband inzwischen eine Beschwerde bei der EU eingereicht.
Die Studenteninitiative „EinFlussDonau“ führt die ablehnende Haltung der beiden Organisationen auf machtpolitische Eigeninteressen zurück. Bereits im Juni 2011 habe ein Anwalt für Umweltrecht bestätigt, dass es bereits einen rechtskräftigen Feststellungsbescheid gibt. Demzufolge bestehe keine UVP-Pflicht für den Naturversuch.
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