„Als Umweltbehörde können wir nicht immer nur von saubererer Luft reden.“ Dr. Andreas Brandt, Fachbereichsleiter Luftreinhaltung aus dem NRW-Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz, will ein Zeichen setzen. „Also haben wir unsere Kasse umgekippt, um unser eigenes Schiff mit Partikelfilter und SCR-Katalysator nachzurüsten.“
Am 5. November liegt das landeseigene Laborschiff „Max Prüss“ am Steiger des Wasser- und Schifffahrtsamtes im Eisenbahnhafen von Duisburg Homberg. Für den Umbau ist es bereits Halbzeit: Die alten Rohre und Schalldämpfer liegen draußen auf der Rampe, die Mitarbeiter der auf Abgasnachbehandlung spezialisierten Firma Tehag haben Filter und Katalysator bereits eingebaut, arbeiten gerade an der Verrohrung. Montag haben sie angefangen, Freitag wollen sie fertig sein. In der nächsten Woche stehen noch Testfahrten für die Einstellungen der Elektronik auf dem Programm. Am 16. November ist Abnahmetermin bei der SUK.
Maximale Emissionsminderung
Brandt hat die Binnenschifffahrt und ihre Emissionen schon lange unter die Lupe genommen, vor zwei Jahren hat er bereits die Umrüstung des Fahrgastschiffes „Jan von Werth“ in Köln begleitet. Dort entfernt eine vergleichbare Anlage etwa 70 Prozent der Stickoxide, 94 Prozent der Partikel und und über 90 Prozent der Feinstaubpartikel aus dem Abgas des Backbord-Antriebsmaschine.
Auf dem „Max Prüss“ erhalten beide der jeweils 250 Kilowatt starken Dieselmotoren eine solche Reinigungsanlage. „Uns geht es darum, der Politik zu zeigen, welche maximale Emissionsminderung machbar ist“, erläutert Brandt. Deshalb habe man sich auch nicht für neue Motoren, Hybrid-, Vater-Sohn-, oder KWE-Systeme entschieden, die zwar auch Kraftstoffeinsparungen, aber etwas weniger saubere Luft mit sich brächten.
Schwierigkeit Finanzierung
Rund 30.000 bis 60.000 Euro kostet die Umrüstung pro Motor auf einem üblichen Binnenschiff, schätzt Florian Franken aus dem Management des Filterherstellers. „Das sind zwar nur ein Drittel der Kosten eines neuen Motors. Aber es gibt so erst mal keinen Return-on-Invest.“ Im Gegenteil: Zwar arbeitet die Anlage verbrauchsneutral, doch entstehen Zusatzkosten in Höhe von derzeit 2 bis 2,5 Prozent der Dieselkosten für die Harnstofflösung AdBlue. Sie wird in zwei 300 Liter-Tanks im Heck des Schiffes gebunkert. Zusätzlich steht ein 1.000-Liter-Container oben an Deck. So einfach wie auf der Straße ist die Versorgungslage auf dem Wasser nicht.
Damit sich die Nachrüstung auch finanziell für die Schiffer lohnt, müssen andere auf die Rahmenbedingungen einwirken: „Industrie und Handel können Einfluss nehmen, indem sie grüne Transporte fordern“, so Franken. „Ebenfalls können die Häfen ihre Liegegelder für grüne Schiffe anpassen. Das funktioniert in den Niederlanden schon lange.“ Schadstoffklassen in die anstehende Neuordnung der Schifffahrtsabgaben einzuweben, hält Brandt ebenfalls für eine gute Idee. „Es wäre zu hoffen, dass der Bund diese Chance ergreift.“
Obwohl bis zu 70 Prozent der Kosten für die Nachrüstung auch dem Förderprogramm der Bundesregierung zur nachhaltigen Modernisierung von Binnenschiffen in Anspruch genommen werden können, bleibt der Schifffahrtsunternehmer auf den übrigen Kosten sitzen. „Als Kaufmann kann ich die Bedenken der Schiffer nachvollziehen“, so Franken. Wenn aber der Gesetzgeber eines Tages die Nutzung von Abgasnachbehandlung vorschreibt, ist es mit der Förderung vorbei. Apropos Förderung: Die Nachrüstung des „Max Prüss“ bezahlt allein das Land: Die Förderung des Bundes kann allein die Privatwirtschaft in Anspruch nehmen.
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