Die Havarie der Waldhof war der konkrete Anlass, aber das Thema ist ein Dauerbrenner: Wasserstraßenblockaden durch Havarien und ihre wirtschaftlichen Folgen. Im Rahmen der diesjährigen Jahresversammlung in Lüttich hatte die IVR zu einem Workshop eingeladen, um alle Facetten der Problematik zu beleuchten.
Die wirtschaftlichen Folgen von Havarien sowie die Präventions- und Reaktionsmöglichkeiten standen im Fokuss der Vorträge. Unter der Leitung von Teun Muller, dem Vize-Vorsitzenden des IVR, wurden zahlreiche Aspekte der komplexen Materie angesprochen. Patrick Gottschall vom Expertenbüro Petermann umriss die technischen Herausforderungen und die Chronologie der Waldhof-Havarie. Dr. Peter Langenbach, Geschäftsführer der Hülskens GmbH und stellvertretender Vorsitzender des deutschen Seeverladerkomitees im BDI befürchtet einen permanenten Vertrauensverlust in die Binnenschifffahrt und negative Standortentscheidungen seitens der Industrie. Seine Forderungen: Unfälle vermeiden durch bessere Infrastruktur und Ausbildung, bessere Notfallpläne und Koordination sowie die Verfügbarkeit von Bergungsgerät.
Peter Mollema vom Hafen Rotterdam wies auf die negativen Auswirkungen schwerer Havarien auf die Verlässlichkeit der Hinterlandkorridore hin. Die finanziellen Folgen der Waldhof-Havarie für den Rotterdam Hafen bezifferte Mollema auf ca. 50 Millionen Euro. Hinzu käme der immense Imageschaden.
Reinhard Klingen, Ministerialdirigent im BMVBS wies auf die „Erfolgsstory“ des deutschen Havariekommandos (und damit seines Ministeriums) für die Seeschifffahrt hin. Nach 10 Minuten Eigenlob gab er dann aber zu, dass man im BMVBS für die Binnenschiffahrt keine vergleichbare Institution habe und bisher auch keine Notwendigkeit hierfür gesehen habe.
Klingen: Havariehandbuch alleine reicht nicht aus
Ausser dem Lob für die gute Arbeit aller Akteure wollte Klingen auf Grund der laufenden Untersuchungen nichts Konkretes zur Havarie der Waldhof sagen. Basis für den Einsatz sei das „Havariehandbuch“, dass sich in der Praxis zwar bewährt habe, alledings alleine nicht genüge, um Unfälle dieser Größenordnung zu bewältigen. Die Frage des Einsatzgeräts (Pontons, Kräne) muss aus Klingens Sicht sowohl konzeptionell hinterfragt als auch auf die Finanzierbarkeit hin geprüft werden. Ausserdem sieht Klingen einen Mangel an freien Sachverständigen, die über genügend „Qualifikationsbreite“ verfügen. Derzeit sei im Ministerium eine Steuerungsgruppe dabei, eine Defizitanalyse zu erarbeiten. Daraus soll ein Havariemanagementkonzept für den Rhein entstehen, welches dann auf die übrigen Bundeswasserstrassen übertragen werden soll.
Den Abschluss macht Maximilian Bauernfeind von der Generaldirektion-Move in der europäischen Kommission. Statt wenigstens halbwegs interessanter Informationen verpackte Bauernfeind eine erschreckende Ahnungslosigkeit in kaum verständlicher Aussprache.
Fazit: Der Ansatz der IVR, sich des brisanten Themas zu widmen ist gut und richtig. Wer aber Konkretes und Neues erwartet hatte, wurde enttäuscht. Bleibt die Frage, ob das „Format“ solcher Workshops geeignet ist, kontroverse Sachverhalte angemessen zu bearbeiten? Die Höflichkeit gegenüber den Vortragenden verbietet es offensichtlich, Klartext zu reden. Schade.
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