Seit Ende Juli ist das Fahrgastschiff „Jan von Werth“ der Köln-Düsseldorfer mit einer zweistufigen Abgasreinigungsanlage unterwegs. Am 7. Dezember besichtigte NRW-Umweltminister Johannes Remmel gemeinsam mit Vertretern von Stadt und Presse das Projekt in Köln. Während bisherige Projekte in der Binnenschifffahrt die Kombination von SCR-Technik und aktiv regenerierendem Partikelfilter untersucht haben, kommt diesmal ein passiv regenerierender Filter zum Einsatz.
Die Wirksamkeit der eigens für das Schiff konzipierten Anlage hat der TÜV Nord Anfang Oktober nachgemessen: Hinter dem Backbord-Abgasrohr ist die Rußkonzentration dank des Filters um 99 Prozent gesunken, der Abgasstrom enthält 90 Prozent weniger Feinstaub. Gleichzeitig sorgt das SCR-System für 70 Prozent weniger Stickoxide. Den direkten Vergleich für den Versuchsaufbau liefert der baugleiche Steuerbord-Antriebsstrang, dessen rund 200 Kilowatt starker DAF-Dieselmotor noch ohne Filteranlage arbeitet.
Während das NRW-Landesamt für Natur, Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV) die Messungen finanziert, konzipierten und installierten der Filterhersteller TEHAG als federführendes Unternehmen gemeinsam mit dem SCR-Anlagenproduzenten Emitec und dem Dienstleister für katalytische Beschichtungen Interkat die Abgasnachbehandlung während des laufenden Schiffsbetriebs auf eigene Kosten. Die beziffert TEHAG-Geschäftsführer Florian Franken auf rund 40.000 Euro für ein System dieser Größe.
Im Frühjahr 2013 wollen die Projektpartner ihre Messreihen abschließen. Im Anschluss muss die Besatzung weiterhin regelmäßig den AdBlue-Tank für die SCR-Anlage auffüllen und einmal im Jahr die Partikelfilterpatronen reinigen lassen. Für die Reinigung veranschlagt der Hersteller anderthalb Tage.
Kat und Filter schon an Bord
Ein vom Nutzen her vergleichbares, wenn auch mit aktiv regenerierendem Partikelfilter aufgebautes Kombi-Reinigungssystem von HUG Engineering kommt auf dem niederländischen Binnentankschiff „Victoria“ zum Einsatz. Dort wurde die Wirksamkeit der Abgasreinigung von 2007 bis 2008 im Rahmen des Projekts „Cleanest Ship“ untersucht.
Einzeln laufen die Systeme bereits etwa bei der niederländischen NPRC, die einige ihrer Schiffe, die fest für Akzo Nobel und Bayer fahren, in den vergangenen Jahren mit SCR-Systemen nachgerüstet hat. Und bis 2011 hat etwa das Bundesverkehrsministerium den Einsatz von Partikelfiltern in der Binnenschifffahrt mit einem Forschungs- und Entwicklungsvorhaben begleitet.
Einzelmaßnahmen nicht genug
„Der alleinige Einbau von Partikelfiltern greift allerdings zu kurz, weil sie die Stickoxide einfach durchlassen“, sind sich Franken und LANUV-Fachbereichsleiter Andreas Brandt einig. Andersherum lässt ein SCR-System die Rußpartikel passieren. Doch besonders in den Städten werden Grenzwertüberschreitungen bei Partikeln und Stickoxiden entlang der Flüsse zum Problem. „Die Werte bewegen sich in der gleichen Größenordnung wie auf den höchstbelasteten Abschnitten der A3. Eine kombinierte Abgasreinigung an Bord kann sehr wirkungsvoll Abhilfe schaffen“, erklärte Brandt.
Umweltminister Remmel würdigte das Engagement der beteiligten Unternehmen und forderte, dass moderne Abgasreinigungssysteme aufgrund der gesundheitsschädlichen Wirkung von Feinstaub und Stickoxiden auch in der Binnenschifffahrt zum Standard werden müssen. Die EU sei gefragt, mit ambitionierten Förderansätzen und fortschrittlichen Abgasstandards Anreize zu setzen. „Mein Appell geht aber auch an Bundesverkehrsminister Ramsauer: Die bestehende Förderung des Bundes zur Nachrüstung ist bis zum 31. Dezember 2012 befristet und muss dringend verlängert werden“, so der Minister. Letzteres ist inzwischen geschehen. (Stand Februar 2013)
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