Die Binnenschifffahrt ist nicht von gestern. Dennoch muss sie stärker als bisher in Professionalisierung und Marktforschung investieren. Zu diesem ersten Fazit kam ZDF-Wirtschaftsjournalist Hans Erwin Riemann in seiner Funktion als Moderator des 2. Mainzer Forum Binnenschifffahrt am 15. September.
Ob Biomasse- oder Windkraftanlagentransport: Die Binnenschifffahrt beschäftigt sich nicht erst seit kurzem mit den Logistiklösungen von morgen. Freie Kapazitäten, Fortschritte beim Schadstoffausstoß, Skaleneffekte und die Affinität auch zu modernen Güterklassen kann die Branche jedoch nicht hinreichend kommunizieren. „Die K1-Reportage zum Thema Binnenhäfen vermisse ich nach wie vor, während die Kamerateams in den Seehäfen ein und aus gehen“, spitzte BÖB-Geschäftsführer Boris Kluge zu. Besonders die niederländischen Verbandsvertreter Martin van Dijk und Jan Veldmann betonten zudem, dass die Branche zu atomistisch organisiert sei – und meist unfähig, mit einer Stimme zu sprechen.
Unter der schwachen Markenpräsenz leide sowohl das öffentliche Image als auch die Wahrnehmung des Verkehrsträgers durch Verlader und Politik in Deutschland. „Nachteile wie Wasserstandsabhängigkeit, Wasserstraßensperren oder Congestion sind dagegen bekannt“, mahnte Contargo-Geschäftsführer Heinrich Kerstgens. Und während die konkurrierenden Verkehrsträger laut Veldmann mehr Kraft aufbringen können, nach der Krise wieder durchzustarten, könne mancher Partikulier monatlich nur noch Gewinne aus seinem Schiffsbetrieb ziehen, die unterhalb des Hartz-IV-Regelsatzes liegen, wie Rechtsanwalt Wolfgang Kortus betonte.
Frachtraten reparieren
„Müssen die Branche also wie die OPEC gemeinschaftlich vorgehen und das Angebot verknappen?“, fragte Moderator Riemann im Hinblick auf Tonnage-Überkapazitäten. Kaum, aber ein wichtiger Schritt wäre, die Marktteilnehmer zu einer kaufmännischen Denkweise zu animieren, betonten mehrere Konferenzteilnehmer. Auch neue Partikulier-Organisationen – ob genossenschaftlich oder anderer Art – seien geeignet, die wirtschaftliche Situation der Marktteilnehmer zu verbessern. In jedem Fall sei ein europäischer Ansatz anzustreben.
Chancen sehen die Diskussionsteilnehmer in kleinen Wasserfahrzeuge unterhalb einer Ladekapazität von 1.500 Tonnen. „In diesem Bereich sind keine Überkapazitäten vorhanden“, berichtete Van Dijk. „Auch die Entwicklung der Hafenlandschaft ist nicht ausschließlich an die großen Schiffe angepasst, die in den letzten Jahren verstärkt auf den Markt gedrängt waren. Mit einem kleinen Schiff kann ich als Unternehmer durchaus auskömmlich wirtschaften.“ Dem pflichtete Partikulier Hans-Werner Mnich bei. „Wir würden innerhalb unserer Familie gerne in kleine Schiffe investieren. Aber mit diesem Ansinnen laufen wir immer wieder gegen Wände. Bei vielen Ansprechpartnern zählt nur: größer, schneller, weiter und mehr.“
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