Standpunkt: Der Autosteiger und die Verkehrswende

Standpunkt: Der Autosteiger und die Verkehrswende

Zu früh gefreut. Der Autosteiger im Hafen Köln Mülheim ist gar keiner. Es handelt sich offiziell um einen Feuerwehr-Wendeplatz innerhalb einer Kegelliegestelle, der am Rande auch als Autoabsetzmöglichkeit gedacht ist. Das schränkt den Nutzerkreis deutlich ein und entspannt die Mobilitätssituation des Bordpersonals nicht wesentlich. Teile der Verwaltung scheinen den Autosteiger-Mangel nicht als Problem wahrzunehmen. Lässt sich so eine Verkehrswende erreichen?

Nach der E-Mail aus dem Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Köln blieben mir bei dem Telefonat mit dem Absender fast die Worte weg: Der Mann am anderen Ende der Leitung schien den von Schiffern beklagten Mangel an Autoabsetzplätzen nicht wahrzunehmen. Keine Stunde später schickt er einen Hinweis auf die Website autosteigers.nl hinterher. Ich habe heute noch den Eindruck, dass es damit nicht getan ist. Auch einige meiner schriftlich formulierten Fragen blieben unbeantwortet. Und bei dem Stichwort Gebrauchstauglichkeit fahren wir auf zwei völlig unterschiedlichen Dampfern.

Zwei verschiedene Dampfer

Für den Stellvertretenden Amtsleiter scheint die Gebrauchstauglichkeit gegeben, wenn die Vorgaben der einschlägigen Normen aus dem Bereich Stahlbau und Grundbau eingehalten werden. Das entspricht in etwa der Begriffsdefinition aus dem Bauwesen. Mein Verständnis von Gebrauchstauglichkeit dagegen begründet sich auf Gesprächen mit Usability Engineer Sylwia Birska: Gemeint ist ein Zustand, der nach Analyse von Aufgaben und Bedürfnissen eine effektive, effiziente und zufriedenstellende Nutzung ermöglicht. Einen Überblick über diesen Prozess inklusive Verweis auf passende Normen bietet ein Vorlesungsskript der TU Dresden. Auch das Prinzip der Nutzerorientierten Gestaltung spielt mit hinein.

Wahrscheinlich ist die Gebrauchstauglichkeit der Kölner Plattform für Einsatzkräfte hervorragend. Davon profitieren im Ernstfall verletzte Schiffer, die schneller ins Krankenhaus gelangen; ebenso wie die Stadt, deren Einsatzfahrzeuge in kürzerer Zeit wieder zu Verfügung stehen. Die Alternative wäre ein Kilometer Schotterweg im Rückwärtsgang.

Aus Sicht der wasserseitigen Nutzergruppe wird die Verwaltung, die sich als Dienstleister der Schifffahrt versteht, ihrem Slogan jedoch nicht gerecht. Die schriftlich formulierte Frage, ob eigene oder externe Schiffsführer in die Planungen miteinbezogen wurden, ließ das WSA Köln ebenso unbeantwortet wie die Frage nach unterschiedlichen Interessen oder gefundenen Kompromissen zwischen Stadt, Hafenbetreiber sowie Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung.

Neue Ansätze

Mag sein, dass das Amt keine schlafenden Hunde wecken will: Offensichtlich bringen flussauf wie flussab nur wenige Stadtplaner Verständnis für logistische Zusammenhänge auf. Und die Hafenbetreiber blicken im Gezerre um wassernahe Liegenschaften eher sorgenvoll auf Umschlagsflächen, als sich um Bedürfnisse des Bordpersonals zu kümmern. Hinzu kommt, dass die WSV einem Verkehrsministerium unterstellt ist, das Schifffahrt selten als Priorität betrachtet. Da hilft auch ein „generell vorhandener“ Informationsaustausch mit der niederländischen Rijkswaterstaat wenig, die vermutlich einen größeren politischen Rückhalt genießt. Bleibt zu hoffen, dass Usability Engineering oder Nutzerorientierte Gestaltung mit den Verwaltungsreformen in die Abläufe der deutschen WSV besser integriert werden.

Auf der anderen Seite muss auch diskutiert werden, wie viel Sinn die Schaffung eines dichten Autosteiger-Netzwerk in Zeiten von MyTaxi-Apps, Uber-Fahrdiensten, Lebensmittel-Lieferservices, E-Lastenrädern, BahnCards oder Carsharing noch macht. Schließlich ist die Forderung nach einer Verkehrswende nicht allein auf den Gütertransport beschränkt.

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