Irritiert ist der Bundesverband der deutschen Binnenschiffahrt über Äußerungen des Bundesverkehrsministeriums gegenüber bestimmten Medien im Zusammenhang mit den Infrastrukturinvestitionen des Bundes.
So wird unter anderem in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und in der aktuellen Ausgabe des Magazins „Spiegel“ das Bundesverkehrsministerium mit der Aussage zitiert, seit 1991 seien 3,7 Mrd. Euro „in ostdeutsche Wasserstraßen, Schleusen und Binnenhäfen“ investiert worden. Es sei „viel Geld in Flüsse gesteckt worden, auf denen kaum ein Schiff fährt. Die Investitionen haben sich nicht ausgezahlt.“
Der Bundesverband der Deutschen Binnenschiffahrt e.V. (BDB) kritisiert diese unsubstantiierte und verkürzte Negativdarstellung, die gerade für die Mitte und den Osten Deutschlands die eigene Verkehrspolitik der Vorgängerregierung unter Beteiligung von CDU und CSU diskreditiert. Statt konkrete Zahlen zu den Erhaltungs- und Ausbauinvestitionen und zu den Güterzuwächsen auf den Wasserstraßen zu nennen, würde die Leistungsfähigkeit der Binnenschifffahrt vom BMVBS pauschal negiert. Über die immer noch bestehenden gravierenden Engpässen gerade im ostdeutschen Wasserstraßennetz, die verhindern, dass die Binnenschifffahrt ihre volle Leistungsfähigkeit enfalten kann, hatte das BMVBS den Medien offenbar nichts gesagt. Über die Ursachen für eine derart tendenziöse Darstellung könne nur spekuliert werden; vermutlich steht sie im Zusammenhang mit den Absichten des Bundesverkehrsministeriums, den Aufbau Ost zu stoppen und wegen der leeren Haushaltskassen keinerlei weiteren Ausbaumaßnahmen an den dortigen Flüssen und Kanälen durchzuführen.
Zu den Fakten: In Regionen, in denen der Ausbau vorangetrieben und fast abgeschlossen ist und der Mittellandkanal in Ostdeutschland schon fast dem Ausbaustandard in Westdeutschland entspricht, zeigen die Investitionen in die Infrastruktur eine dokumentiert positive Wirkung. Häfen wie Haldensleben oder Magdeburg bewiesen mit ihren kontinuierlichen Umschlagssteigerungen, dass es sich lohnt, Güter ökologisch und ökonomisch auf dem Wasserweg zu transportieren. In den ostdeutschen Ländern wurden im Jahr 2007 rund 15,2 Mio. Tonnen Güter vom Binnenschiff umgeschlagen. Die Behauptung der BMVBS-Pressesprecherin, hier fahre „kaum ein Schiff“, entbehrt also jeglicher Grundlage. Zur Verdeutlichung: Für die im Jahr 2007 ein- und ausgeladene Menge hätten 750.000 Lkw bzw. 375.000 Güterwaggons in Fahrt gesetzt werden müssen.
Geradezu grotesk ist der durch die Äußerungen des BMVBS entstehende Eindruck, mit der Investition von 3,7 Mrd. Euro seit 1991 seien bereits umfangreiche Baumaßnahmen realisiert worden: Im Sommer 2010 musste das Verkehrsministerium in seinem Sachstandsbericht über die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit selber einräumen, dass das „Projekt 17 Wasserstraße: Ausbau Hannover – Berlin“ – das einzige Wasserstraßenprojekt im Zuge der deutschen Wiedervereinigung – entgegen des ursprünglichen Planungshorizonts im Jahr 2011 lange noch nicht abgeschlossen ist. Bis August 2010 sind von den insgesamt veranschlagten Investitionskosten in Höhe von 2,3 Mrd. Euro wegen der jahrelangen Unterfinanzierung erst 1,5 Mrd. Euro verbaut worden. Diverse Streckenabschnitte in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin befinden sich immer noch im Bau, ebenso wie die Zweite Schleuse Wusterwitz und die Niedrigwasserschleuse Magdeburg. „Solange die Infrastruktur nur unvollständig hergestellt ist, wird auch nur ein unvollständiger Schiffsverkehr stattfinden können. Das in den Medien zitierte Fazit des BMVBS, „Die Investitionen haben sich nicht ausgezahlt“, zeugt von einer eklatanten Unkenntnis der Zusammenhänge: Prognosen können sich erst erfüllen, wenn Infrastrukturmaßnahmen vollständig oder zumindest in weiten Teilen realisiert sind“, erklärt BDB-Präsident Dr. Gunther Jaegers.
BDB: Verkehrsministerium zeigt eklatante Unkenntnis!
Insbesondere im Hinblick auf die unmittelbar bevorstehende öffentliche Sachverständigenanhörung vor dem Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages zur Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und Neustrukturierung des Wasserstraßennetzes am 29. Juni 2011 fordert der BDB mehr Sachlichkeit und weniger wertende Behauptungen in den Verlautbarungen des Bundesverkehrsministeriums.
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