Das aktuelle Gebührensystem für die Nutzung der Binnenwasserstraßen ist nicht immer logisch. Aber schon kleine Änderungen auf bestimmten Relationen könnten Verkehrsverlagerungen auf den ökologisch unvorteilhafteren LKW nach sich ziehen. Davor haben Branchenvertreter auf einem parlamentarischen Abend mit rund 160 Gästen am 24. November in Berlin gewarnt.
Gemeinsam trugen der Bundesverband Öffentlicher Binnenhäfen (BÖB) und der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) ihre Bedenken gegenüber der geplanten, „wettbewerbsneutral vereinheitlichten“ Neuregelung der Schifffahrtsgebühren an die Mitglieder der Parlamentarischen Gruppe Binnenschifffahrt und die Verwaltung heran.
BDB-Präsident Martin Staats unterstützte das Vorhaben des Ministeriums, ein eigenes Gesetz zu schaffen, dass sich nicht an dem Vollkostenprinzip orientieren soll, so wie es das Bundesgebührengesetz ab 2018 vorschreibt. Reinhard Klingen, Abteilungsleiter im Bundesverkehrsministerium, beschwichtigte, dass eine Verteuerung der Schifffahrt keinesfalls beabsichtigt sei.
Handlungsdruck betont
„Ich erwarte, dass das Bundesverkehrsministerium Wort hält und die Binnenschifffahrtsbranche sowie die verladende Wirtschaft weiterhin engmaschig in die Entwicklung einbindet“, unterstrich Staats. „Bereits während der Erstellung des Gutachtens sollte ein begleitender Beirat gebildet werden, um Fehlentwicklungen so früh wie möglich zu vermeiden.“ Ebenso sei es insbesondere für die Kunden des Systems Wasserstraße gut zu wissen, was unter einer wettbewerbsneutralen Vereinheitlichung der Abgaben zu verstehen sei.
Wer dem Vortrag des BMVI-Referatsleiters Thomas Knufmann im Haus Rhein zu Duisburg gelauscht hatte, erfuhr in Berlin allerdings nicht viel neues zur Sache, bestätigte BDB-Geschäftsführer Jens Schwanen. Das am 7. Oktober angekündigte Gutachten soll demnach in den kommenden Tagen in Auftrag gegeben werden. Gegenüber Bonapart erläuterte Schwanen weitere Hintergründe:
Wie will sich der BDB in den zu bildenden Beirat einbringen?
Schwanen: Unser Anspruch ist, ab den Prozess der Gutachtenerstellung von Beginn an zu begleiten und den notwendigen Input zu geben. Die Binnenschiffer kennen die Tarife, die ja nur noch zu 20 Prozent Regeltarife und zu 80 Prozent Ausnahmetarife sind, am besten. Sie können auch am besten beurteilen, welche Preissteigerungen bei einer Veränderung des Tarifsystems entstehen könnten. Und sie sind es auch, die die Preissensibilität in bestimmten Relationen kennen. Kurzum: Wir wollen den Prozess aktiv begleiten und gelegentlich ein Auge darauf werfen, ob die Gutachter von den richtigen Tatsachenvoraussetzungen ausgehen.
Was hält der BDB von einer Staffelung der Gebühren nach Schadstoffklassen, ähnlich der LKW-Maut?
Schwanen: Zurzeit wird die Abgabe aufgrund der Art des transportierten Gutes in der jeweiligen Relation erhoben. Das heißt: In der Relation von A nach B verursacht nicht jedes Gut die gleiche Abgabe. Das heißt weiter: Ein und das selbe Gut, etwa Düngemittel, produziert in der Relation von A nach B andere Abgaben als in der Relation von C nach D. Da sich dieses von außen betrachtet nicht immer logische System am Markt gut etabliert hat, wird es nicht leicht sein, hier eine „wettbewerbsneutrale Vereinheitlichung“ hinzubekommen. Aussagen aus dem Markt lauten, dass schon bei nur geringen Preissteigerungen aufgrund höherer Abgaben Waren den Verkehrsträger wechseln werden.
Deshalb wird der Ansatz der „Vereinheitlichung“ gewisse Probleme bereiten. Das gilt entsprechend auch für die Einführung eines Bonus-Malus-Systems, das sich etwa an Schadstoffemissionen orientiert. Anders als im Straßengüterverkehr sind schadstoffmindernde Komponenten nicht „von der Stange“ zu kaufen, sondern bedürfen stets der Einzelanpassung an eine existierende Antriebsanlage. Die Kosten sind hierbei im Vergleich zum Lkw enorm. So lange sich an dieser Situation nichts ändert, halte ich die Schadstoffklasse in der Binnenschifffahrt für ein schwieriges Kriterium.
Es wird die Aufgabe der Gutachter sein zu ermitteln, welche Auswirkungen bei einer Änderung des Gebührensystems entstehen und wie viel Veränderung der Markt ohne Rückverlagerung auf andere Verkehrsträger verträgt. Ich persönlich bin der Auffassung, dass bei der derzeitigen geringen Höhe der Gesamtgebühreneinnahmen, abzüglich der Systemkosten für Personal und Verwaltung, eine komplette Abschaffung der Schifffahrtsgebühren eine Option ist, die zu prüfen sich lohnt.
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