Zu viel Ballasttiefgang: Kritik an ÜGMS in Kanalgebiet

Zu viel Ballasttiefgang: Kritik an ÜGMS in Kanalgebiet

Im westdeutschen Kanalgebiet war die Welt noch in Ordnung. Besonders kleinere Schiffe fanden hier einen auskömmlichen Rückzugsraum. Doch die besseren Frachtraten lockten immer größere Schiffe an. Zu große Schiffe, finden manche.

Konkurrenzdruck durch 135-Meter-Schiffe ist ärgerlich, aber politisch gewollt. Wenn die „Großen“ für anschließende Leerfahrten aber regelmäßig so viel Ballast aufnehmen müssen, dass erlaubte Abladetiefen überschritten werden, ist Schluss mit lustig. So sehen das rund ein Dutzend größtenteils niederländische Kanalschiffer. Sie haben bereits einen Anwalt eingeschaltet und eine Sammelbeschwerde bei der WSD West eingereicht.

Fehlverhalten auf Kosten von Infrastruktur und Steuerzahler

Beispiel Datteln-Hamm-Kanal: Auf rund drei Viertel ihrer Strecke ist die 1914 eröffnete Bundeswasserstraße heute für übergroße Gütermotorschiffe und auch Verbände bis 186,50 Meter freigegeben. Die erlaubte Abladetiefe beträgt zwischen Datteln und Lünen 2,80 und im weiteren Verlauf 2,70 Meter. Brückendurchfahrtshöhen von weniger als 4,50 Meter machen eine maximale Ballastaufnahme erforderlich. Die Trägheit des Ballastwassers und der Propellerschub lassen das Heck absinken.

„Demnach müsste manches 135-Meter-Schiff an der Schraube rund 30 Zentimeter tiefer liegen als erlaubt“, rechnet eine Schiffseignerin vor, deren 80-Meter-Schiff regelmäßig im Kanal unterwegs ist. „Es kann doch nicht sein, dass wir für drei Zentimeter über 1.000 Euro Bußgeld zahlen müssen, während die Behörden dieses Problem nicht wahrnehmen.“ Die Folgen seien Sohlerosion und eine steigende Wahrscheinlichkeit von Grundberührungen, die letztlich den Steuerzahler Geld kosten.

WSD will Kontrollen verschärfen

In einem Schreiben an die Beschwerdeführer, das der Bonapart-Redaktion vorliegt, bestätigt die WSD West am 30. Oktober zwar eine Zunahme von Abladetiefenüberschreitungen. Ob vermehrt Fahrzeuge mit „unangepassten Abmessungen“ in das Kanalnetz einfahren, könne man derzeit jedoch weder bestätigen noch entkräften. Mit Schwerpunktkontrollen der Wasserschutzpolizei sowie Eichschein-Kontrollen an den Einfahrtschleusen will man zunächst Erkenntnisse gewinnen.

Das nicht alle 135-Meter-Binnenschiffe pauschal ausgesperrt werden können, zeigt auch das Statement von Wim Kleine, Schiffseigner der „Rehoboth“, in der Printausgabe des niederländischen Weekblad Schuttevaer. „Seit der Beschwerde sind wir dreimal auf dem Datteln-Hamm-Kanal kontrolliert worden – bisher war immer alles in Ordnung.“

In Sicherheit leben

Ein anderer ÜGMS-Schiffseigner und Kanalfahrer hält schärfere Kontrollen dennoch für eine gute Idee: Schließlich liefen unangemessen große Schiffe auch eher Gefahr, mit dem Ruderhaus an eine Brücke zu stoßen, sagte er gegenüber der Zeitung. Die Eigner der kleineren Kanalschiffe wünschen sich in jedem Fall eine schnelle Lösung: Denn mit den Frachtraten, die zum Teil Anfang 2013 festgelegt werden, müssen sie wieder ein ganzes Jahr lang leben können.

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