Ihre 38. Jahresversammlung haben die Tankschifffahrtsreeder im Bundesverband der deutschen Binnenschifffahrt (BDB) am 14. September 2011 in Duisburg abgehalten. BDB-Präsident Dr. Gunther Jaegers, der auch Vorsitzender der Tankschifffahrts-Kommission ist, lieferte einen Überblick über die aktuelle Marktlage.
Die derzeitige Lage der Tankschifffahrt stufte Jaegers als unverändert schlecht ein. Das Gewerbe befindet sich inmitten des gesetzlich vorgeschriebenen Umrüstungsprozesses von Einhüllen- auf Doppelhüllentankschiffe. Seit Jahren stoßen neue Doppelhüllentanker (DHT) in den Markt, ohne dass Einhüllentankschiffe (EHT) in ausreichendem Maße aus dem Markt ausscheiden. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 51,049 Millionen Tonnen flüssige Güter auf deutschen Wasserstrassen (ohne Durchgangsverkehre) transporttiert. Das ist ein Plus von 5,84 Prozent (2009: 48,233 Mio. t). Die Fakten zur Verteilung dieser Transporte auf Einzel- bzw. Doppelhülleschiffe liegen aber im Nebel der Statistik. So verringerte sich der Transportanteil von EHT auf deutschen Wasserstraßen auf den ersten Blick von 64,5 Prozent in 2009 auf 61,8 Prozent im Jahr 2010. Gleichzeitig stieg in diesem Zeitraum der Transportanteil der Doppelhüllentankschiffe nur von 26,7 Prozent auf 28,1 Prozent.
Zahlen nur bedingt aussagekräftig
Aber die Zahlen sagen nicht das aus, was vermutet werden könnte. Denn bei den Werten handelt es sich nicht um Mengen, die tatsächlich mit Ein- bzw. Doppelhüllentankern transportiert wurden. Diese Zahlen werden bisher nämlich gar nicht erfasst. Gemessen werden vielmehr die Mengen, die auf Grund ihrer Güterspezifikation in Einhüllentankern geladen werden können. Die Gütermengen, die in DHT gefahren werden, obwohl sie in EHT transportiert werden dürfen, werden auch dem EHT-Anteil zugerechnet. Der tatsächliche Anteil der Güter, die in DHT gefahren werden, ist tatsächlich also deutlich größer. Erwin Spitzer, Geschäftsführer beim BDB: „Obwohl die Daten eigentlich vorliegen, werden sie vom BMVBS nicht erfasst. Seit Jahren fordern wir das Ministerium auf, dies zu ändern – bisher ohne Erfolg!“
Frank van de Ven, Mitglied im European Barge Inspection Scheme (EBIS) Management Committee, unterlegte diese Aussagen mit Daten zur europäischen Binnentankerflotte. Am 1. Januar 2011 befanden sich insgesamt 1.336 Tanker und Schubleichter im europäischen Markt, darunter 121 Doppelhüllenneubauten und Umbauten aus dem Jahr 2010. Weitere 70 DHT-Neubauten sind für das Jahr 2011 vorgesehen, so dass Ende dieses Jahres rund 900 DHT in Fahrt sein werden.
Enorme Überkapazität
Durch die verbleibenden EHT gibt es eine enorme Überkapazität. Damit die erforderliche Marktbereinigung gelingt, steht der BDB seit Monaten im Gespräch mit dem Bundesverkehrsministerium. Nach Ansicht des BDB könnte eine europaweite Abwrackaktion eingeleitet werden, wenn die Bundesregierung eine „schwere Marktstörung in der Tankschifffahrt“ bei der Europäischen Kommission beantragen würde. Mit den 20 Mio. Euro, die das Binnenschifffahrtsgewerbe in der Vergangenheit selbst in einen Reservefonds eingezahlt hat, könnten mehr als 100 Schiffe aus dem Markt genommen werden. Dies entspricht etwa einem Drittel der sich derzeit auf dem europäischen Markt befindlichen Einhüllentankschiffe.
Jaegers richtete einen dringenden Appell an das Bundesverkehrsministerium, im Sinne des Gewerbes tätig zu werden und die Strukturkrise innerhalb des Tankschifffahrt anzuerkennen. Mit Verweis auf die zeitraubenden bürokratischen Regularien in Brüssel und den Mitgliedstaaten mahnte er ein schnelles Handeln an.
Neues Regelwerk
Erwin Spitzer, innerhalb des BDB zuständig für Tankschifffahrt und Gefahrguttransporte, erinnerte daran, dass das Gefahrgutregelwerk ADN(R) mittlerweile von den Vorschriften des ADN abgelöst wurde. Zum Jahresbeginn 2011 wechselte damit die Zuständigkeit für Gefahrgut von der Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR) in Straßburg auf die europäische Wirtschaftskommission UN-ECE in Genf. Spitzer wies unter anderem die auf bevorstehende Änderungen im ADN 2013 hin, die beispielsweise die Aspekte Fluchtwege, schweres Heizöl und Beförderungspapiere betreffen.
Perspektiven mit flüssigem Erdgas
Jürgen Harperscheidt, von der Bonner TGE Gas Engineering GmbH, zeigte im Rahmen seines Vortrags „LNG – eine Option für die Zukunft!?“ auf, dass LNG (Liquid Natural Gas = flüssiges Erdgas) als Antriebsmittel auch in der Binnenschifffahrt eine Alternative zum Gasöl darstellt. Insbesondere die Umstände, dass LNG keinen Schwefel enthält und die Treibhausgasbilanz von Schiffen um fünf bis zehn Prozent verbessert werden kann, sprächen für den Einsatz von flüssigem Erdgas.
Für den Rheinverkehr sind bereits vier Schiffe mit LNG-Antrieb in Vorbereitung. Einem flächendeckenden Einsatz von LNG-betriebenen Binnenschiffen stehen derzeit jedoch noch zahlreiche technische und logistische Hürden entgegen.
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