Standpunkt: Schwarmfinanzierung für Umwelttechnik

Standpunkt: Schwarmfinanzierung für Umwelttechnik

Nun ist das Crowdfunding also in der Binnenschifffahrt angekommen: Dank Unterstützung der Netzgemeinde konnte ein junges Binnenschiffer-Paar seinen ersten Kempenaar kaufen. Ob viele private Geldgeber die Anschaffung von Binnenschiffen unterstützen werden, bleibt abzuwarten. Allerdings hat die Schwarmfinanzierung das Potenzial, die Modernisierung der Flotte mit Umwelttechnik voranzutreiben.

In Sachen CO2-Bilanz schwimmt die Binnenschifffahrt ganz vorn mit. Was die Luftschadstoffe betrifft, steht sie in der großen Summe noch hinten an. Lange schon fordern Umweltverbände verschärfte Feinstaub-Richtlinien. Immer wieder tauchen Negativschlagzeilen die Branche in ein schlechtes Licht. „Rheinschiffe verpesten unsere Luft – Braucht der Rhein eine Umweltzone?“ schrieb kürzlich der Express. Doch vielen Unternehmern fehlt schlicht das Geld für die nötigen Investitionen.

Kleine Belohnungen und Sinnhaftigkeit

Hier kann Crowdfunding helfen, denn für den Erfolg eines Projekts zählen oft Sympathie und Überzeugung, nicht immer geht es nur um das liebe Geld. Manche Netzbürger spenden Kleinstbeiträge, nur um auf einer Website als Unterstützer gelistet zu werden. Andernorts verspricht der Computerspiel-Programmierer für 100 Euro einen exklusiven Betatester-Zugang sowie das fertige Produkt. Oder der finnische Regisseur winkt mit einer Komparsenrolle. Und wer dem Bauunternehmer mindestens 2.500 Euro leiht, soll 5,5 Prozent Zinsen erhalten und darf bei der Namensfindung des neuanzuschaffenden Baggers mitwirken.

Gleichzeitig wächst das Interesse an Öko-Investments. Dazu zählen etwa Windparks, Solarfelder, Biogasanlagen oder nachhaltige Forstwirtschaft. Sie versprechen neben höheren Zinsen auch ein gutes Gewissen bei der Geldanlage und eine Portion Sinnhaftigkeit. Regionalität hilft zusätzlich, eine vertrauensvolle Bindung zwischen Geldgeber und Unternehmer herzustellen. Das ist gerade für Partikuliere oder kleine Unternehmen wichtig. Auch saubere Luft darf als zusätzlicher Mehrwert zählen.

Beispiel Fahrgastschifffahrt

Will also Fährbetreiber Müller seinen Doppelender mit Rußpartikelfiltern, einer KWE-Einspritzungsanlage, saubereren Motoren oder gar einem Elektroantrieb ausrüsten, startet er auf einer der einschlägigen Crowdfunding-Plattformen eine Kampagne mit Videobotschaft und ausgefeiltem Infotext. Den Start kommuniziert er über ein Banner auf der Fähre, über Lokalpresse und soziale Netzwerke und vielleicht mit einem Info-Abend an Pendler und Anwohner, die gleichermaßen von einer saubereren Luft profitieren.

Anstatt Zinsen auf geliehenes Geld zu zahlen, sind auch Belohnungsleistungen denkbar, die sich an den Fahrkartenpreisen orientieren: Wer etwa 30 Euro gibt, erhält eine Monatskarte für Fußgänger, für 550 Euro gibt es die PKW-Jahreskarte. Auch Werbeflächen an Bord oder Unterstützer-Links auf der Website können so feilgeboten werden. Besondere Belohnungen könnten ein Tag als Gast im Fahrstand, der Eintritt für eine Geldgeber- und Einweihungsparty oder die Vermietung der Fähre als Event-Plattform sein. Wer Anregungen sucht, braucht sich nur auf den großen Plattformen wie kickstarter.com, startnext.de oder visionbakery.com umzusehen.

Für Tagesausflugsschiffer dürften ähnliche Bedingungen gelten. Dagegen dürfte es Güterschiffern schwerer fallen, einen lokalen Bezug herzustellen. Sie müssten die Werbetrommel vermutlich stärker rühren – mit Außenwerbung an ihrem Fahrzeug und intensiverer Pressearbeit entlang ihrer Fahrtrouten. Doch auch hier sind neben Zinsen auch Funding-Belohnungen wie Tages- oder Wochenmitfahrten denkbar.

Unterstützung von oben

Mit schriftlichen Leitfäden über Anforderungen, Stolperfallen und steuerliche Hürden könnten die Schifffahrtsverbände den Kleinunternehmern in Sachen Crowdfunding unter die Arme greifen. Schließlich kommuniziert die Branche mit derartigen Aktivitäten auch eine gewisse Entschlossenheit, Themen wie Luftreinhaltung oder Umweltschutz trotz Geldmangel anzugehen.

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