Zugangshürden abbauen. Grenzen offen halten. Technische Normen angleichen. Infrastruktur stärken. Rahmenbedingungen für Verkehrsverlagerungen und einheitliche Wettbewerbsbedingungen herstellen. Das waren die Hauptforderungen der Diskussionsteilnehmer auf dem Europäischen Wirtschaftsforum Verkehr, das die IHK Bonn/Rhein-Sieg gemeinsam mit der Union europäischer Industrie- und Handelskammern (UECC) am 11. März in Bonn ausrichtete. Aspekte aus der zweiten Podiumsdiskussion.
Wie es um eine einheitliche europäische Verkehrspolitik bestellt ist, weiß jeder Binnenschiffer. Obwohl beispielsweise die Donau zum Transeuropäischen Verkehrsnetz gehört, lahmt der gesamte Korridor an dem Ausbau des relativ kleinen Abschnitts Straubing-Vilshofen. „Eine Riesenkatastrophe für jeden Steuerzahler“, unterstrich Podiumsgast Horst Felbermayr, Geschäftsführer der gleichnamigen österreichischen Holding. „Es ist zum Teil gut so, dass der Naturschutz vor der Wirtschaft steht. Wo aber Infrastruktur schon vorhanden ist, gilt es, einen Interessenausgleich zu schaffen. Da versagt die Politik total.“
Der Bonner Hafenchef und Spediteur Alfons am Zehnhoff-Söns sah das ähnlich. Ohne die zweiten Moselschleusenkammern sei es immer wieder schwierig für seinen Container-Shuttle bis Metz. „Wenn wir vom rheinland-pfälzischen Staatssekretär hören, dass zwar genug Geld da ist, aber nicht genügend Ingenieure für die Umsetzung, verliere ich teilweise den Glauben an die Politik.“
Politiker wollen gewählt werden
Frank Appel wollte der Politik dagegen keinen pauschalen Vorwurf machen. Schließlich gingen Container am Sonntag nicht zur Wahl. Vieles hänge an dem Verhalten von Bürgern und Konsumenten. Er sei als DHL-Vorstandsvorsitzender ja auch nicht für die Verdrängung des Einzelhandels durch den E-Commerce verantwortlich.
Wenn die Menschen an günstigen Preisen aus dem Online-Versand oder eben an Naturraum in direkter Umgebung interessiert seien, bliebe kaum etwas anderes übrig, als die vorhandene Infrastruktur bestmöglich zu nutzen. Die dadurch schwindende Wettbewerbsfähigkeit müssten hinterher alle in Kauf nehmen. Moderator und Journalist Werner Balsen konstatierte, dass für den Konsumenten alles in Ordnung sei, solange der Strom aus der Steckdose komme und das Paket pünktlich geliefert werde.
Umsetzungsproblem
Vor dem Hintergrund des wachsenden Straßenverkehrs gab Erich Staake selbstkritisch zu bedenken, dass Logistikunternehmer und Verlader nicht genug über die Bedeutung der Branche aufklärten. „Die Politik begreift seit vielen Jahren nicht, dass wir in der Logistik über Netzwerkmanagement und intermodale Konzepte sprechen müssen“, so der Vorstandsvorsitzende des Duisburger Hafens. Er habe wiederholt den Eindruck, ein Bundesverkehrswegeplan sei heute wie früher eine Wunschliste der besten (Straßen-)Lobbyisten, zuzüglich politischer Kalkül-Projekte.
„Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“, so Staake. „Wenn wir es nicht gemeinsam als Branche schaffen, realistische Priorisierungen und insbesondere Ertüchtigung einzufordern, verlieren wir in Europa schnell unsere Marktstellung.“ Außerdem zeigte sich Staake überzeugt, dass ein starkes Güterverkehrswachstum nicht wie prognostiziert eintreten werde. „Nicht in den nächsten fünf bis zehn Jahren. Der wirkliche Treiber ist nicht mehr da, der Containerisierungsgrad ist von 60 Prozent vor zehn Jahren auf heute 95 Prozent gestiegen. Die Rahmenbedingungen haben sich so sehr verändert, dass heute der Neubau einer Maasvlakte 2 nicht mehr erforderlich wäre.“
Verkehrswachstum und Flüchtlingskrise?
Unterdessen pochte der Bonner IHK-Geschäftsführer Hubertus Hille auf die vielzitierten Güterverkehrsprognosen. „Bereits heute hat das europäische Verkehrsnetz an vielen Stellen seine Belastungsgrenzen erreicht“, erläuterte Hille. „Wenn die Prognoserechnungen zu den Hinterlandverkehren von den Nordseehäfen nur halbwegs zutreffen, kommen wir nicht um einen weiteren Ausbau der Korridorstrecken herum.“
Ebenfalls ging Hille auf die wegen der Flüchtlingskrise drohenden Grenzschließungen ein. „Die EU hat uns den freien Warenverkehr gebracht – wir brauchen gerade heute ein starkes und solidarisches Europa. Flächendeckende Kontrollen an den Grenzen würden das Wirtschaftswachstum bremsen und Arbeitsplätze gefährden. Knapp 60 Prozent des deutschen Außenhandels entfallen auf Europa.“ Frank Appel zeigte sich überzeugt: „Die Flüchtlingsfrage wird überbewertet. Europa hat nach dem Kriegsende schon ganz andere Herausforderungen gemeistert.“
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