Jede Jeck is anders, heißt es im rheinischen Grundgesetz. Doch einfache Toleranz ist den rund 2.600 Unterzeichnern der Charta der Vielfalt nicht genug: Die Unternehmen wollen ein von Vorurteilen freies Arbeitsumfeld schaffen. Unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität sollen die Menschen gegenseitige Wertschätzung praktizieren.
Ein Prinzip, zu dem sich auch RheinCargo und die HGK bekennen. Seit August beziehungsweise November 2015 gehören die beiden Unternehmen zum Kreis der Unterzeichner. Auch wenn einige Punkte dieser Selbstverpflichtungserklärung noch nicht umgesetzt sind: Ein Blick in die Belegschaft unter dem Aspekt Herkunft zeigt, dass die seit Jahrzehnten gewachsene Unternehmenskultur in die richtige Richtung weist.
Perspektiven erkennen
„Diskriminierung oder dumme Sprüche kenne ich aus meinem Arbeitsumfeld nicht“, sagt Selin Dizman, die als studierte Master of Business Management im Controling in der Kölner Zentrale arbeitet. Lediglich der Satz eines Uni-Professors fällt ihr ein: „Er sagte ,So gutes Deutsch kenne ich von türkischstämmigen Studenten sonst nicht.‘ – ich wusste nicht, ob ich mich freuen oder traurig sein sollte.“
Unter Kollegen sei das ganz anders, berichtet die in Deutschland geborene Enkelin türkischer Gastarbeiter, deren liebstes Schulfach die Mathematik war. „Es gibt ein gegenseitiges Interesse an Traditionen, Kultur oder einfach Kochrezepten. Unterschiedliche Perspektiven können sehr bereichern.“
Gemeinsam lachen
Auch Ismael Schreiber fühlt sich an seinem Arbeitsplatz wertgeschätzt. „Die Rangierer arbeiten gerne mit mir“, berichtet Schreiber. Der 36-jährige Lokführer kam mit 17 Jahren von der Elfenbeinküste nach Deutschland. „ich sehe vieles lockerer und übernehme auch mal eine Aufgabe außer der Reihe. Deutsche Kollegen sind da manchmal sehr genau. Andererseits mag ich das an ihnen – denn eine Vorliebe für Ordnung habe ich schon aus meinem Elternhaus mitgebracht.“
Klar habe er auch mal einen flotten Spruch über Afrikaner aus Kollegenkreisen gehört, gebe das aber genau so flott zurück. „In beiden Fällen können wir gemeinsam lachen. Das funktioniert, weil es eine starke kollegiale bis freundschaftliche Basis gibt. Der Ton stimmt immer.“
Persönlichkeit wahrnehmen
Im Niehler Hafen sieht es nicht viel anders aus: Alban Bajrami kam zu Beginn des Balkankonflikts noch vor seiner Einschulung nach Deutschland und ist als Containerkranführer bei RheinCargo beschäftigt. „Ich bin natürlich immer auch Kosovo-Albaner, das ist mein Heimatland. Und ich bin Moslem. Das ist hier im Hafen aber alles kein Thema.“ Sich selbst oder Kollegen bestimmte Charaktereigenschaften nach Herkunft zuordnen? „Das ist doch eher eine Sache von Persönlichkeit – oder in meinem Fall lebe ich vielleicht schon zu lange in Deutschland“, zwinkert er.
Die Zusammenarbeit mit Kollegen unterschiedlicher Herkunft empfindet Bajrami nicht nur als Bereicherung, sondern auch unter einem anderen Aspekt als angenehm: „So fühle ich mich nicht als ,der eine Andere‘ unter sonst Gleichen.“ Auch die rheinische Tradition ist in Sachen Wertschätzung unterschiedlicher Kulturen längst über ihr Grundgesetz hinausgewachsen: „Mir han dodurch su vill jewonne“, singen etwa die Bläck Föös.
Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in der Ausgabe 3/17 der Kölner Hafenzeitung, deren Herausgeber die HGK ist.
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