Meisterabschluss schafft Perspektiven

Meisterabschluss schafft Perspektiven

Wellen hatte der Binnenschiffermeister schon in den sozialen Medien geschlagen. Einen für die Branche vergleichsweise großen Zulauf erlebte auch die Informationsveranstaltung über den neuen IHK-Abschluss: Etwa 65 Teilnehmer fanden sich am 19. Januar in Duisburg ein. Anders als im Netz herrschte vor Ort eine insgesamt positive Resonanz.

„Wenn nur 20 Prozent der Binnenschiffer den Meister machen wollen, halte ich das als Bildungsanbieter für eine sehr gute Quote“, kommentierte Lothar Barth den Hinweis eines Meister-Kritikers auf dessen Facebook-Umfragen. Professor Rolf Dobischat von der Universität Duisburg-Essen sowie Andrea Beckschäfer vom Bundesverband der Selbstständigen Abteilung Binnenschifffahrt (BDS) unterstrichen sinngemäß: „Der Meister bleibt eine freiwillige Option. Aber er schafft Perspektiven. Auch in Zukunft wird die Besatzungsordnung keinen Meister vorsehen.“

Gemeinsam mit Schifferberufskolleg-Direktor Manfred Wieck, Berthold Holtmann und Olaf Kammertöns vom DST Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme, Stefan Pohl für den Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt, Herbert Marschall von der Universität Duisburg-Essen sowie Stefan Finke von der Niederrheinischen IHK stellten sie die Vorteile sowie Inhalte der Meisterprüfung vor und beantworteten Fragen.

Besser aufgestellt – nicht zwingend besser bezahlt

Nicht alle Kritikpunkte konnte das Podium aus dem Weg räumen. „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Banken einem Meister, der mit einem Schiff in die Selbstständigkeit starten will, eher einen Kredit gewähren“, erklärte Wieck. Wer Betriebswirtschaft und -führung, Recht und Risikoanalyse verstanden sowie Marketing und Kundenzufriedenheit im Blick hat; logistische Zusammenhänge erkennt und Prozesse wie etwa Wartungsabläufe optimieren kann, Informations- und Kommunikationswege zu nutzen und kraftstoffsparend zu fahren weiß, rutscht vermutlich nicht so leicht in die Insolvenz.

Eine bessere Bezahlung müssen angestellte Meister oder Meisterinnen aber nicht unmittelbar erwarten. „Wer zum Beispiel bei Thyssen seinen Industriemeister macht, will in erster Linie seinen Job und seinen Aufstieg als Facharbeiter sichern“, berichtete Dobischat aus der industriesoziologischen Forschung. Möglicherweise ist wie in anderen Branchen auch erst mit einem Jobwechsel mehr drin? Allerdings weist in der Binnenschifffahrt der europäische Personalmarkt bislang gegenläufige Tendenzen hin zu geringerer Qualifikation auf. „In den Niederlanden kann jeder eine einjährige Ausbildung zum Schiffsführer machen, wenn er nur irgendeinen Berufsabschluss vorweisen kann“, merkte Wieck an.

Häufig steht der Preis einer Dienstleistung im Vordergrund. Rückt die Qualität stärker in den Fokus, spielen etwa Bewertungssysteme oder eben Zertifizierungen eine Rolle. Auch für Personal. „Das Thema Qualitätsmanagement dürfte in Zukunft wichtiger werden“, unterstrich Pohl, der auf das erste deutsche Binnenschiff mit ISO-Zertifizierung wartet.

Zugangsvoraussetzungen

Hinsichtlich des Zugangs gab es unterschiedliche Meinungen: Während manche sie an bestimmte Patente binden wollen, gab es auch die Forderung nach der Öffnung für alle Gesellen mit Berufserfahrung, wie es allgemein im Handwerk und auch beim seefahrenden Schiffsbetriebsmeister üblich sei. Fakt ist, dass eine Ausnahmeregelung bei gesundheitlich bedingter Patentuntüchtigkeit die Anrufung eine Zulassungskommission erlaubt.

Die Prüfungskommission dagegen ist nebenbei für die nun mögliche Anerkennung der Meisterbriefe aus DDR-Zeiten verantwortlich, wo Binnenschiffer diesen Bildungsweg bereits beschreiten konnten. Die Altgesellenregelung dürfte dagegen keine Rolle spielen, da die Binnenschifffahrt nicht als zulassungspflichtiges Handwerk gilt. Eine Änderung ist laut Dobischat nicht in Sicht.

Passende Angebote schaffen

Bislang kann die aus mehreren Teilen bestehende Prüfung bundesweit nur von der niederrheinischen IHK abgenommen werden. Eine Pflicht zu einem Kursbesuch werde es nicht geben. Wer kein Selbststudium in Angriff nehmen möchte, kann die grundlegende Qualifikation bereits über verschiedene Lehrmaterialanbieter oder bei diversen Meisterschulen aneignen, da sie weitestgehend denen des Logistikmeisters entsprechen.

Lediglich für die handlungsspezifischen Qualifikationen gibt es noch keine Angebote. Wieck rechnet damit, dass es nach den Sommerferien so weit sei. Interessierte bekundeten, die beiden Felder separat buchen zu wollen. Das DST und Projektpartner arbeiten zudem im Rahmen des Anfang 2015 vorgestellten Projekts Smart Qu@lification an Hilfsmitteln für das elektronische Lernen am eigenen PC, Tablet oder Smartphone. Wieck empfahl den Meister-Interessenten außerdem, die Ausbildereignungsprüfung vorweg abzulegen, um den Lernaufwand zeitlich zu entzerren.

Den Beruf attraktiver machen

Schon im Wettbewerb um besser qualifizierte Auszubildende mache sich der Meister bemerkbar. Denn das Argument der hohen Ausbildungsvergütung sei gegenüber karriereorientiertem Nachwuchs schnell verbraucht. Das verdeutlichte eine Wortmeldung aus dem Publikum: „Ohne den Hinweis auf die neue möglichen Meisterschulung hätten wir den jungen Mann nicht bekommen“, berichtete ein Personalverantwortlicher aus einem Bewerbungsgespräch. Der Schüler habe gezielt nach Weiterbildungsperspektiven gefragt.

Weitere Informationen und Links zu Rechtsverordnung und Modulplanung gibt es in diesem Artikel.

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