Binnenschiffer lernen und gleichzeitig Schiffs- und Hafenbetrieb studieren – das soll ab Sommer 2018 mit einem dualen Bachelor-Studiengang an der Jade Hochschule in Elsfleth möglich sein. Wie Professor Christoph Wand am 21. August gegenüber Bonapart mitteilte, hat das niedersächsische Wissenschaftsministerium die Einleitung des Akkreditierungsverfahrens für den Studiengang genehmigt. Als zuständiger Studiendekan ist Wand auf der Suche nach weiteren Kooperationspartnern. Bereits mit im Boot: Das Schifferberufskolleg „Rhein“.
Zielgruppe des Studiengangs sind einerseits Schüler und Quereinsteiger, die sich parallel zu einer Ausbildung als Binnenschifferin, Fachkraft für Hafenlogistik oder Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistungen auf Führungspositionen in Reedereien, Hafenbetrieben oder in der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung vorbereiten wollen. Andererseits ist auch der Zugang mit abgeschlossener Ausbildung und Beschäftigungsverhältnis geplant. Die Voraussetzungen dafür sind noch in der Abstimmung.
Geringe Zugangshürden
Neben Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag gebe es keine Zugangsvoraussetzung im Sinne einer Abschlussnote (NC). Dennoch rechnet die Hochschule mit zunächst lediglich zehn Studierenden pro Ausbildungsgruppe – eine für die Teilnehmer komfortable, bei dualen Studiengängen durchaus übliche Lernsituation. „Letztlich hängt die Zahl aber nur vom Interesse der Betriebe ab“, so Wand.
Lediglich bei größerem Andrang könnte ein bestimmter Notendurchschnitt (NC) von denjenigen Bewerbern mit fertiger Berufsausbildung verlangt werden. Eine Studiengebühr werde es für Teilnehmende und Partnerbetriebe nicht geben. Die Semestergebühren der öffentlichen Jade Hochschule betragen inklusive Semesterticket für grundständige Bachelor-Studiengänge weniger als 350 Euro, wogegen bei privaten Hochschulen oft mehrere hundert Euro pro Monat üblich sind.
Breit gefächerte Inhalte
Die Absolventen sollen in die Lage versetzt werden, Daten und Arbeitsprozesse in Schifffahrt und Hafenwirtschaft zu analysieren, kritisch zu bewerten und gegebenenfalls zu verbessern. „Sie lernen, frühzeitig zukünftige Entwicklungen abzuschätzen, moderne Technologien zu bewerten und zu nutzen und Entscheidungen nachhaltig und umweltschonend zu treffen“, heißt es in einem Flyer von Ende März. Nebenbei will der Fachbereich Seefahrt und Logistik ein B2-Englisch-Level, Kenntnisse in Kommunikation und interkulturellem Management vermitteln.
Im Lehrplan stehen weiterhin gefährliche Ladung, Ladungsumschlag und -Sicherung, Schiffsmaschinenbetrieb und Fahrgastsicherheit; aber auch Hafenmanagement, Personalführung, Verkehrssicherung, Qualitätsmanagement, Verwaltung, ISPS, ISM, Seeverkehrsökonomie und Handelsrecht. Zusätzlich können im Hauptstudium via E-Learning-Seminare in BWL oder Tourismuswirtschaft belegt werden. Auch ein Auslandssemester soll möglich sein.
Flexibel und praxisorientiert
Die Bedürfnisse der Ausbildungsbetriebe und Auszubildenden will die Hochschule nicht außer Acht lassen: Die für den Schifferdienstbucheintrag „Bootsmann“ erforderliche Fahrzeit werde im Verlauf des Studiums in jedem Fall sichergestellt. Der Wechsel von betrieblichen und schulischen Semestern kann individuell gewählt werden. So haben etwa Auszubildende auf Binnenfahrgastschiffen im Saisonbetrieb die Möglichkeit, Theorieblöcke an der Hochschule in den Wintersemestern belegen.
Zudem sollen Teile des Studiums nach derzeitiger Planung im Fernstudium absolviert werden können. Insgesamt sind an der Jade Hochschule nach eigener Auskunft knapp 700 Studierende eingeschrieben. Der berufsbezogene Unterricht findet an den kooperierenden Berufsschulen statt – im Fall der Binnenschiffsleute am Schifferberufskolleg „Rhein“.
Seit Drucklegung des Flyers haben Wand und die beteiligten Schulen weiter am Konzept gefeilt: So lud der Fachbereich am 15. Juni bestehende und mögliche Kooperationspartner aus Bildungswesen und Wirtschaft zu einer Tagung nach Elsfleth ein. Die Ergebnisse sollen in einen überarbeiteten Studienplan einfließen, der im Herbst hochschulintern diskutiert und beschlossen werden soll. Eine weitere Veranstaltung in Duisburg oder im süddeutschen Raum ist geplant.
Qualität und Unterbringung gesichert
Zeitgleich werde die Zertifizierung nach ISO 9001:2015 eingeleitet. „Das geht relativ zügig, da der verwandte Studiengang Nautik seit langer Zeit durch denn DNV-GL zertifiziert ist“, erwartet Wand. Im Rahmen der Qualitätssicherung soll vom Start weg ein Gremium aus Vertretenden der beteiligten Berufsschulen, der FH und der ausbildenden Unternehmen eingerichtet werden, das bei Problemen frühzeitig gegensteuert.
Während der Berufsschulblöcke in Duisburg sind die studierenden Binnenschiffer und teilweise auch die Hafenlogistiker auf dem Schulschiff „Rhein“ untergebracht. Die Speditionskaufleute sowie die übrigen Hafenlogistiker bleiben am Campus in Elsfleth. „Die Wohnsituation hier ist entspannt und das Buchen von Studentenzimmern für nur ein Semester ist durch die hiesigen Nautikstudenten nichts Außergewöhnliches“, erläutert Wand. „Insofern lässt sich das sogar für angehende Binnenschifferinnen und Binnenschiffer im Saisonbetrieb auf Fahrgastschiffen problemlos realisieren.“
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